Maestro (2023) – wird seinem Titel auf keiner Ebene gerecht
„A work of art does not answer questions, it provokes them; and it’s essential meaning is in the tention between the contradictory answers“. Mit Leonard Bernsteins bekanntem Zitat beginnt Bradley Coopers Biopic „Maestro“. Ein Zitat, über das man definitiv streiten kann, dass Kunst aber Fragen aufwerfen sollte steht außer Frage. Nur, die einizge Frage, die nach „Maestro“ in meinem Kopf schwebte war: Warum? Warum hat Bradley Cooper diesen Film gemacht? Sicherlich nicht, weil er auch nur irgendeine interessante, neue Frage gefunden hat, die es sich lohnt aufzuwerfen.
„Maestro“ ist genau der Oscarbait, den ich bei der Kombination der Stichworte: Schwarz-Weiß, Biopic und klassische Musik erwartet habe. Ein Werk, das so sehr versucht einzigartig zu sein, dass es daran scheitert.
Schon die ersten 30 Minuten haben mich stutzen lassen. Der Film beginnt mit Bernsteins Karriereanfang: er übernimmt ohne Probezeit ein Orchester und wird für seine Leistung gefeiert. Nur schneidet Cooper in dem Moment weg, der so ein starker Anfang hätte sein können: als Bernstein zu dirigieren beginnt wird auf das Ende des Konzerts geschnitten. Direkt hätte Cooper Bernsteins Leidenschaft für die Musik, seinen rauschartigen Zustand beim dirigieren, klar machen können. Stattdessen schneidet er weg, weil Bernstein ja im Film sagt, dass er keine Erinnerungen an den Auftritt habe – wow, wie „Intelligent“. Und dann habe ich gewartet. Gewartet auf einen Ansatz, der Bernsteins Leidenschaft für die Musik zeigt, gewartet ihn beim dirigieren zu sehen, gewartet ihn beim komponieren zu sehen. Vergeblich, denn erst im LETZTEN DRITTEL sieht man Bernstein dirigieren. Stattdessen legt Cooper großen Fokus auf Bernsteins ambivalente Beziehung zu seiner Frau Felicia. Er zeigt ihre Verliebtheit und wie beide letztendlich an Bernsteins vereinnahmendem Geist zerbrechen. Nur ohne Kontext seines Berufs, seiner Berufung, funktioniert das anfangs einfach nicht. Der Film springt quasi wahllos von Szene zu Szene, von Jahrzent zu Jahrzent ohne Struktur, ohne roten Faden. Cooper ist einfach zu sehr bedacht seine Kamera und Schauspieler (allen voran sich selbst) in Szene zu setzen, dass er alles herum vergisst.
Klar, der Film ist gut gemacht. Bradley Cooper und Carey Mulligan spielen beide sehr ansehnlich, ausschließlich durch ihre nuancierten Performances werden emotionale Momente halbwegs getragen. Genauso gibt es schöne Kamerafahrten und -Perspektiven. Das Set-Design ist passend. Aber all das ist einfach so belanglos.
Die Schwierigkeit bei einem Biopic ist es, ein Leben auf eine kurze Laufzeit zu komprimieren, Cooper hält sich mit zusammenhangslosen Szenen auf, die vielleicht die Beziehung zwischen Felicia und Bernstein verständlicher machen, nicht aber ein stimmiges Gesamtbild von Bernstein kreieren. All das hat man schonmal gesehen und so verliert der Film seine Identität. Einen vereinnahmenden, egoistischen Komponisten (bzw. Komponistin) hat man 2022 schon mit „Tár“ gesehen und Todd Fields meisterhafte Charakterstudie macht einfach alles so viel besser.
Das letzte Drittel ist strukturell geordneter und schafft so einen relativ stimmigen Abschluss eines sonst sehr chaotischen Porträts. Da die größte Zeit des Films aber keinen guten Build-Up schafft, ist der Film weniger emotional als er hätte sein können. Daher ist die einzige Gegensätzlichkeit, die ich in der Antwort auf die Frage warum Cooper diesen Film gemacht hat, finde, eine neue Frage: Warum macht er ein Biopic, wenn er die wichtigsten und interessantesten Aspekte auslässt? Vermutlich weil Cooper endlich seinen geliebten Oscar gewinnen will und daher auf technische Oberflächlichkeit setzt, anstatt ein wahrlich memorables Werk zu schaffen.