Children of Paradise (1945) – wenn Kunst lebendig wird
Das Leben ist wie eine Bühne. Es ist aber selten, dass die Bühne, ob in Form von Film, Theater oder sonstiger Kunst, wahrhaftig lebendig wird – und eine dieser sehr raren Ausnahmeererscheinungen ist „Children of Paradise“. Gefilmt während der deutschen Besetzung Frankreichs, nahm er bei seiner Veröffentlichung 1945 ein Symbol der Freiheit an. Selbst wenn man von diesem Kontext absieht, bleibt ein Werk verworren in Schmerz und Hoffnung, das so großartig den Zeitgeist, vielleicht sogar jeden Zeitgeist, einfängt.
Ich habe wohl den größten Soft-Spot für Filme über Kunst und da kommt es gelegen, dass „Children of Paradise“ eines der vollkomensten Werke über genau jene ist. Der Film spielt in der Theaterszene in Paris. Hauptfokus sind der Pantomieme Baptiste, der Schauspieler Frèdèrick und Garance, in die beide verliebt sind. Erst ihr Dritter Verehrer komplementiert aber diesen Kneul aus Sehnsucht und Eifersucht: Pierre-François. Er ist Verbrecher und Schriftsteller zugleich.
„Children of Paradise“ hat mich insofern an einen meiner Lieblingsfilme „The Red Shoes“ erinnert, als dass er auf ähnliche Weise die Kunst und das Leben gegenübergestellt. Es ist hier der Pantomieme, der gleichzeitig dem unsichtbaren (der wahren Liebe) hinterherläuft und seinen Gefühlen keinen Ausdruck verleihen kann, der Schauspieler, dessen wahrer Charakter lange unklar bleibt, da er ihn unter zahlreichen Rollen verbirgt und der Schriftsteller, der das wahre Leben durch Verbrechen genauso versucht zu kontrollieren wie seine Geschichten.
Verhältnismäßig große Passagen des Films sind dabei die Theaterstücke, die Garance, Baptiste und Frèdèrick performen und diese spiegeln ihre Situation, ihr Leben. Sie spielen die Vergangenheit, die aber in derselben Weise der Gegenwart gleicht. Wie im Film selbst auf sehr intelligente Weise angemerkt wird, unterscheidet sich eine Komödie nur in der Erzählweise von einer Tragödie – und genau in der gleichen Weise unterscheidet sich das Leben von der Kunst.
Gespickt mit unheimlich weisen und poetischen Dialogen schafft es Marcel Carnè so ein wahres Kunstwerk von unfassbarer Schönheit zu kreieren. Das Leben und der Traum sind hier eins und das ist gleichzeitig die größte Hoffnung, als auch der größte Schrecken. Definitiv aber ist es ein absolut lebensbejaendes Werk, das die Kernessenz der Kunst, der Erzählung und des Lebens traumhaft einfängt. Nach all diesen Worten habe ich trotzdem das Gefühl erst einem kleinen Bruchteil des Films Ausdruck verliehen zu haben, denn „Children of Paradise“ ist so monumental und vollkommen, dass nichts dieser Seherfahrung gleicht.
Punkte: 10/10