Manoels Destinies (1984) – der Traum der Kindheit
„I don’t know why people expect art to make sense. They accept the fact that life doesn’t make sense“ antwortete Meisterregisseur David Lynch, nach dem Vorwurf seine Filme würden keinen Sinn ergeben. Und ja, auf rationaler Ebene mag seinen Filmen kein Sinn innewohnen, genauso wie es sich mit dem Leben verhält, so verhält es sich auch mit seinen Filmen: in der Irrationalität lässt sich durchaus ein Sinn erkennen, selbst wenn dieser nur auf persönlicher Interpretationsebene stattfindet. So ähnlich ist auch Raul Ruiz monumental magisches Antimärchen „Manoel’s Destinies“, welches zwar verworren in Sinnlosigkeit zu sein scheint, dennoch aber ein Gefühl und eine Erfahrung bietet, die mehr bedeutet als es jede Erklärung je könnte.
Man könnte „Manoel’s Destinies“ als Raul Ruiz „Fanny and Alexander“ bezeichnen (auch wenn beide Filme objektiv relativ wenig gemeinsam haben), denn beide Filme behandeln im Kern die Erfahrung der Kindheit. Während „Fanny and Alexander“ aber die Perspektive der Kinder verfolgt und so einen mystischen Nebel auf die für die Kinder unverständliche Welt legt, ist „Manoel’s Destinies“ mehr ein Rückblick auf diese Zeit (wobei man selbst darüber streiten könnte). Ruiz Werk ist verworren in Vergangenheit und Gegenwart, Traum und Realität. Zeiten und Dimension kollabieren hier in Bildern, die man Erinnerung nennen könnte. Dabei stellt der Film eine fundamentale Frage: ist es wahrhaftig möglich zurückzublicken? In Ruiz Augen ist eine Erinnerung vielmehr ein Blick in das tiefste Selbst, das aber nicht unbedingt dem Erlebten gleichen muss. Die Kindheit ist hier ein einziger Traum, der rückblickend nur noch als solcher gesehen werden kann. Was wahr-, was Traum-, was vor zehn-, was vor fünf- Jahren war, ist nicht mehr trennbar, sondern nur noch ein einziger Blick auf eine vergangene Zeit, die nun nichteinmal mehr eine ist.
Ruiz fängt dabei die Magie als Kind auf die Welt zu schauen auf so wundersame Weise ein, als würde er selbst noch als solches auf sie blicken. Er schafft es nicht nur das Abenteuer des Jetzt, sondern auch die Angst vor der Zukunft, die die Kindheit dominiert, einzufangen, ohne je von seiner traumartigen Erzählweise abzuweichen.
Als reine Erfahrung ist „Manoel’s Destinies“ mehr als nur beeindruckend. Ein Erlebnis sondergleichen, dessen Kreativität durch wunderschöne Bilder Ausdruck verliehen wird.
Punkte: 10/10