Furiosa: A Mad Max Saga (2024) – „Do you have it in you to make it epic?“
Es gab eine große Frage, die vor dem nächsten Film der „Mad Max“ Reihe in der Luft lag und diese stellt schon der Trailer selbst: „Do you have it in you to make it epic?“ Denn die große Bürde von „Furiosa: A Mad Max Saga“ ist, dass er irgendwie an einen der besten Actionfilme aller Zeiten anknüpfen muss. Also begab ich mich ins Kino, diese Frage stetig im Kopf, zweifelnd, ob der Film dem Nachhall der überlauten Motoren seines „Vorgängers“ gerecht werden kann. Doch dann starten in der title Card die Motoren und ich wusste von dort an, dass ich in sicheren Händen bin.
Glücklicherweise versucht George Miller nicht „Fury Road“ zu überbieten, nicht vom sechsten Gang irgendwie nochmal höher zu schalten, sondern lässt sich stattdessen vom orangenen Sand der Wüste treiben. „Furiosa“ ist nicht das non-stop Actionspektakel, das man vielleicht erwarten würde, vielmehr ist der Film eine jahrzehntelange Rachegeschichte, die sich wie eine Fata Morgana entfaltet.
Für ein Franchise, das vom rasend schnellen Weg nach vorne geprägt ist, ist es erstaunlich wie sehr die Hauptfiguren der Reihe doch an dem Weg hängen, der hinter ihnen liegt. Bei Furiosa sogar in gesteigerter Form: sie würde am liebsten den Rückwärtsgang einlegen, zurückkehren in die Idylle, aus der sie als Kind von dem verrückten War-Lord Dementus gerissen wurde. Sie addiert so eine neue Perspektive zu der Reihe, die von Max nihilistischem Weg des Überlebens (nachdem seine Familie ermordet wurde) geprägt ist: denn ihre Geschichte ist im Kern eine Geschichte der Hoffnung. Vielleicht schafft „Fury Road“ deswegen eine so passende Balance dieser beiden ideologiegleichen Lebensweisen und vielleicht fühlt sich deswegen „Furiosa“ deutlich mehr nach einem wahren Charakterdrama an – Furiosa hat nämlich noch etwas, für das es sich lohnt zu kämpfen.
Miller fängt ihren Weg vom Waisenkind hin zur Kriegerin auf eine ruhigere Weise ein als ich erwartet hatte – was aber auf keinen Fall bedeutet, dass nicht der Lärm von V8-Motoren und der Knall von Explosionen Teil dieser Geschichte sind. Es gibt immer wieder Actionsequenzen, die jeden War-Boy auf der Suche nach Valhalla glücklich stimmen würden, auch wenn sie nie an den Adrenalinschub von „Fury Road“ heranreichen.
Größtes Manko der Geschichte ist wohl die Struktur, denn hier merkt man dem Film dann doch die Schwierigkeit an, eine Balance zwischen den temporeichen Actionsequenzen und den etwas ruhigeren Charakterpassagen zu finden. Es ist eben ein stetiges auf und ab, das nie einen klaren klimatischen Höhepunkt findet. Vor allem das Ende fühlt sich so wie mit angezogener Handbremse an und findet zwar einen äußerst gelungenen charakterlichen Abschluss, nicht aber unbedingt im Hinblick auf die Spannung.
Anya Taylor-Joy macht dafür einen großartigen Job und knüpft gelungen an Charlize Therons Darstellung in „Fury Road“ an (auch wenn sich beide nicht unbedingt ähnlich sehen). Auch Chris Hemsworth darf seiner Verrücktheit freien Lauf lassen und fungiert so als gelungener Antagonist.
„Furiosa“ kann nicht an das überwältigende Gefühl eines „Fury Roads“ heranreichen, das kann- und darf man aber auch einfach nicht erwarten. George Miller fährt hier eine ganz andere Schiene (oder Straße) in ähnlichem Gewand, was den Film zu einer gänzlich neuen Erfahrung werden lässt, die sich noch mehr als alle vorigen „Mad Max“ Teile wie ein surreales Art-House Actionspektakel anfühlt. Also: natürlich hat „Furiosa“ es in sich, damit es Episch wird.
Punkte: 8/10