Brokeback Mountain (2005) – Modernität in einem konservativen Genre
Der Western ist wohl das Genre der Maskulinität. In keinem anderen Genre wird Männlichkeit so oft und präsent behandelt, der Revolver selbst wird hier schon zum Symbol der Männlichkeit. Nur selten werden die klassichen Rollenbilder durchbrochen, es gibt aber natürlich Ausnahmen, die umso präsenter herausstechen. In den 50ern gab es „Johhny Guitar“, der starke und selbstständige Frauenfiguren etablierte und in den 2000ern gab es schließlich „Brokeback Mountain“. Ein Film, der eine homosexuelle Beziehung porträtiert, was im Mainstream-Kino zur damaligen Zeit (leider) nicht zur Normalität gehörte. Im Publikum wurde der Film eher kontrovers aufgenommen, was vermutlich nicht nur mit der porträtierten Beziehung zusammenhängt, sondern auch mit diesem Genre, das so oft auf stereotypischen Rollenbildern fußt.
Man kann durch diese Kontroversität aber schon zwei Dinge ableiten: scheinbar gab und gibt es immer noch genügend Leute, für die homosexuelle Beziehungen nicht normal sind und scheinbar macht „Brokeback Mountain“ aufgrund des Aufschreis schon einiges richtig.
Tatsächlich wirkt es aus damaliger Sicht sehr intelligent ein so konservatives Genre für homosexuelle Thematiken umzudrehen, weil „Brokeback Mountain“ so auf einer weiteren Meta-Ebene eine Radikalität erreicht, die eigentlich schon lägnst Normalität gleichkommen sollte.
Aus heutiger Sicht aber hat Ang Lees Erzählweise genau dadurch auch einige Schwächen aufzuweisen: die Grundhandlung ist nämlich für das moderne Thema sehr klassisch. Nicht nur ist „Brokeback Mountain“ im Kern eine eher herkömmliche Liebesgeschichte, auch die Charaktere sind eher einseitig und folgen zu sehr den maskulinen Archetypen, die dieses Genre seit John Ford geprägt haben. Wie gesagt ist die Idee alleinig die Sexualität der Hauptfiguren umzukehren eine gelungene, um aufzuzeigen dass diese völlig normal ist, allerdings geht so auch viel Emotionalität verloren.
Beide Hauptfiguren dürfen sich nie vollends öffnen und ehrlich gesagt haben Jake Gyllenhaal und Heath Ledger zusammen auch nicht die ausreichende Chemie, um diese Geschichte wahrhaftig zu naturalisieren. Der Unterschied im romantischen Kontakt miteinander entgegen des Kontakts mit ihren Ehefrauen sollte enorm sein, ist es aber nie gänzlich.
Ang Lee findet immer wieder tolle Bilder, in der die unendliche Liebe von Jack und Ennis entgegen des endlosen Horizonts der kargen Landschaft erstrahlt, auch diese können aber nicht die gefühlskälte negieren, die ich letztendlich gespürt habe. „Brokeback Mountain“ ist ohne Frage ein guter Film, der den inneren sexuellen Konflikt seiner beiden Subjekte gelungen herausarbeitet, mittlerweile gibt es aber einfühlsamere Werke (oder zumindest Werke, die mich mehr berührt haben) homosexueller Beziehungen wie beispielsweise „All of Us Strangers“, die diesen Konflikt anschaulicher illustrieren.
Punkte: 7/10