Alien: Resurrection (1997) – eine misslungene Mutation
„Alien“ ist die Filmreihe der Mutationen. Das Alien selbst spiegelt in seiner Erscheinung den Wirtskörper und formt sich so wieder und wieder neu, findet immer wieder neue Wege Ripley und ihre Mitstreiter zu terrorisieren. Vielleicht ist es deswegen so passend, dass jede Fortsetzung von einem anderen Regisseur geschaffen wurde: denn jeder einzelne von ihnen hat das grundlegende Konzept mutiert und angepasst, wodurch diese stets neue Erscheinung auch tonal seinem Subjekt gleicht. Hat Ridley Scott noch einen waschechten Horrorfilm geschaffen, etabliert Cameron die Alienmutter und kreiert einen Actionfilm. David Fincher wiederum legte größeren Fokus auf das Gefühl der Paranoia und formt das Alien von der Verkörperung der puren Angst, das den Menschen selbst spiegelt, in ein hundeartiges Raubtier. In Jean-Pierre Jeunets „Alien Resurrection“ wiederum entstehen die Aliens aus einer geklonten Ripley heraus (oder zumindest die Alienmutter), die halb Mensch halb Alien ist. Dieses Konzept wirkt so passend, weil „Alien Resurrection“ der erste Teil ist, der sich nicht mehr so anfühlt als würde er auf der DNA des ersten Teils basieren. Es ist tonal keine Mutation mehr, sondern eben nur ein entfremdeter Klon – und das ist die größte Schwäche dieser unebenen Fortsetzung.
Abgesehen davon, dass hier erzählerisch wieder deutlich die sichere Schiene gefahren wird, nachdem Finchers „Alien³“ sehr rapide Konsequenzen zog, ist Jean-Pierre Jeunet einfach der Falsche, um einen derartigen Film zu drehen. Öfters hört man Vergleiche, wie sehr Whedons Drehbuch, bzw. dessen Figurenkonstellation, doch seinen späteren Werken (allen voran „Firefly“) gleicht, man erkennt aber gleichermaßen Jeunets inszenatorische Handschrift, die sich nicht so geschmeidig an die Reihe anfügt wie ein Face-Hugger an ein menschliches Gesicht. Seine extremen Close-Ups und die komplett überzogenen Charaktere wirken in der Ernsthaftigkeit dieser Welt und dieser Situation völlig deplaziert, teilweise auch, weil ich sie nicht ernst genug nehmen kann.
Das erste Drittel ist ein Sammelsurium an schlechten Entscheidungen, konstruierten Szenarien und Gags, die völlig fehl am Platz sind. Von Beginn an schafft Jeunet nicht die geeignete Stimmung aufzubauen, stattdessen wirkt alles ähnlich überdreht und comichaft wie sein späteres Werk „Amelie“ (das ich ebenfalls nicht sonderlich schätze). Ähnlich überzogen ist das Ende und das neue Alien, das im letzten Drittel etabliert wird.
Die einzigen Lichtblicke deuten sich im Mittelteil an und rechtfertigen zumindest die Figurenkonstellation teilweise. Für ein Franchise bestimmt von DNA, die die Erscheinung des Aliens erst ausmacht, ist es der erste Teil, der nahelegt, dass wir doch die Möglichkeit haben zu bestimmen wer wir sind. Die Geburtssymbolik wird hier durch Selbstbestimmung zum Trotz der eigenen Herkunft und findet so einen neuen Ansatz, der sich vor allem in Ripley (bzw. ihrem Klon) wiederfinden lässt, die sich körperlich zwischen einem Menschen und einem Alien befindet.
Es gibt zudem einige starke Set-Pieces wie eine Unterwassersequenz und teilweise Symbolik, die der des ersten Teils gerecht wird.
Insgesamt ist „Alien Resurrection“ wohl bis Dato die deformierteste Schöpfung der Reihe. Es gibt gute Ideen, das gesamte Setting scheitert aber letztlich an Jeunets überzogenen Stil und der Tatsache, dass nichts mehr von dem übrig bleibt, das die Reihe ausmachen sollte. Es ist die erste Kopie, der erste Klon, der mit dem Vorbild der ersten drei Filme zu sehr versucht etwas eigenes zu sein und somit die erste Fortsetzung, die sich wirklich wie eine Fortsetzung anfühlt – wenn auch in den völlig falschen Belangen.
Punkte: 5/10