Prometheus (2012) – eine Vorgeschichte ohne Sinn
„Prometheus“ ist der erste Film des Alien-Unviersums, bei dem ein Regisseur zurückkehrt, der zuvor bereits Teil der Reihe war. Nicht irgendein Regisseur, sondern Ridley Scott, der Mann, der (zumindest indirekt) das Alien erst erschaffen hat. Es wirkt daher passend, dass „Prometheus“ der erste Film des Franchises ist, der nicht nur in seiner Wahl des Regisseurs zurückblickt, sondern gleichermaßen in seiner Thematik. Denn die Crew der titelgebenden Prometheus ist auf der Suche nach den Schöpfern der Menschheit, eine Alienrasse, die sie nur „Engineers“ nennen – und dass diese Aliens auch etwas mit DEM Alien zutun haben liegt wohl auf der Hand.
Für eine derartige Vorgeschichte ist wohl niemand geeigneter als Scott selbst und es wirkt daher wie der richtige Schritt die Evolution/Mutation der Reihe, die sich immer auch in einem neuen Regisseur widerspiegelte, durch eine Involution zu ersetzen. Die Frage ist nur, muss man eine derartige Geschichte wirklich erzählen? Bietet es wahrhaftig einen Mehrwert die Herkunft des Aliens zu ergründen und daraus eine neue Geschichte zu spannen?
Wenn es nach den Wissenschaftlern Charlie und Elisabeth geht, dann wahrscheinlich schon. Sie wollen nämlich um jeden Preis die Herkunft der Menschheit ergründen bzw. die Schöpfer finden, von denen sie Antworten erwarten. Man kann so ihre Sichtweise adaptieren, ihre Faszination teilen, das Unbekannte zu ergründen. All die Antworten würden sie als Figuren befriedigen, was würden diese Antworten aber für die Welt im gesamten bedeuten?
Nicht nur für das Universum als solches – aus irgendeinem Grund, der wahrscheinlich eher unheilbringend sein wird, haben die Schöpfer wohl die Menschheit alleine gelassen – sondern auch für den Zuschauer, der dieses Universum betrachtet. Die Antwort darauf, warum Ripley und ihre Crew im ersten „Alien“ nur auf eine handvoll Alieneier in einem mysteriösen Gebilde und nicht auf blaue, übergroße, menschenähnliche Schöpfer gestoßen sind, hat wohl eher weniger mit der Frage zutun, was mit diesen Schöpfern passiert ist und mehr damit, was ihre Absenz auf filmischer Ebene bedeutete. Der Horror des Weltalls ist die Ungewissheit und dem war sich Ridley Scott bewusst, als er die Herkunft des Aliens verschleierte. Die Frage ist also wozu diesen dichten, unheilvollen Nebel der Verschleierung nach über 30 Jahren durchbrechen? Vielleicht werde ich es wissen, wenn ich „Alien: Covenant“, der auf „Prometheus“ aufbaut, gesehen habe, jetzt ist es mir aber noch völlig unklar.
Betrachtet man „Prometheus“ als alleinstehendes Werk, was bei der völligen Absenz des so ikonischen Aliens nicht gerade schwer ist, hat der Film durchaus Stärken. Vor allem David, ein Android, der durch Michael Fassbenders Performance fast lebendig wird (und genau das ist es, was er gerne wäre), ist der große Lichtblick des Films. Er verleiht der Suche nach dem Schöpfer der Menschheit insofern Interssantheit, als dass die Menschheit selbst sein Schöpfer ist. Er muss damit umgehen, dass diese ihn nur erschaffen hat, weil sie es kann und gleichermaßen wirft sein Werdegang die Fragen auf, die sich die Crew von ihren Schöpfern beantwortet zu haben verhofft. Zudem sieht „Prometheus“ teilweise großartig aus. Visualität war schon immer Scotts Stärke und die vermag er auch hier in tollen Bildern auszuspielen.
Was hier aber auch losgelöst von den anderen Alienfilmen auffällt ist die Dummheit der Charaktere. Anscheinend weiß man durch den Besitz eines Doktortitels noch lange nicht, dass man Alienschlangen in Defensivhaltung nicht einfach mit der Hand anfassen sollte oder dass man vor einem riesigen, rollenden Donut nicht unbedingt gerade davonlaufen, sondern seitlich ausweichen sollte. Naja, die Crew hat ja auch nur die einfache Aufgabe, die Schöpfer der Menschheit ausfindig zu machen…
Als alleiniges Werk ist „Prometheus“ annehmbar. Fassbender rettet mit seiner beeindruckenden Performance der Imitationen einen sonst eher trostlosen Film. Als Vorgeschichte von „Alien“ funktioniert „Prometheus“ allerdings keineswegs. Es ist interessant, dass dies nach all der Sexsymbolik der erste Film der Reihe ist, bei dem die Abtreibung eines außerirdischen Organismus Thema ist, denn während Scott eigentlich seine Vorgeschichte erzählen will, stößt er das Alien selbst, bzw. dessen Wurzeln, auf dieselbe Weise ab. Scott meint zwar, dass „Prometheus“ eben kein Prequel, sondern der Beginn einer neuen Geschichte ist, dies ändert aber nichts an dem Fakt, dass der Film dem Alien indirekt eine Vorgeschichte verleiht, die mehr hinderlich als interessant ist. Der Film mag nicht im selben Universum spielen wie seine vier Vorgänger, trotzdem gibt er aber einen Ursprung vor, der gänzlich unbekannt sein sollte.
Die Titelsequenz des Films ist eigentlich die perfekte Metapher auf seine Probleme: man sieht hier wie sich eines der Schöpferaliens opfert, damit aus seinem Tod das Leben auf der Erde entstehen kann. Und so funktioniert auch „Prometheus“: er opfert einen Teil der fundamentalen DNA, die das Alien ausmacht, nämlich die Mystik der Ungewissheit, damit dieses neue Werk entstehen kann. Ob dieser Zyklus seinen Preis Wert ist muss jeder für sich selbst entscheiden, meiner Meinung nach ist „Prometheus“ allerdings genau dadurch mehr ein großer Schritt zurück als ein neuer Weg nach vorne.
Punkte: 5/10