Alien: Romulus (2024) – ein gelungener Film, aber eine misslungene Fortsetzung
Seit es Sequels zu „Alien“ gibt, befindet sich die Filmreihe in einem stetigen Wandel. Schon die erste Fortsetzung, Camerons „Aliens“, macht aus einem klaustrophobischen Horrorfilm einen riesigen Actionfilm. So sehr versuchte die Reihe mit jedem weiteren Eintrag etwas Neues zu sein, dass langsam das verloren ging, was das Original so großartig gemacht hat. Der neueste Beitrag dieses Franchises, „Alien: Romulus“, aber ist in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil davon: es ist vielleicht die einzige Fortsetzung, die sich den ersten „Alien“ wahrhaftig als Vorbild nimmt.
Es ist so ironischerweise erfrischend einen Film zu sehen, der eben nicht mit aller Kraft versucht etwas eigenständiges zu sein, der sich eben nicht gegen das wehrt, was zuvor war, sondern die Stärken des Originals erkennt und adaptiert. Andererseits ist „Alien: Romulus“ so auch nicht mehr als genau das: eine Fortsetzung, die den großen Vorbildern der Vergangenheit nacheifert.
„Alien: Romulus“ ist die erste Fortsetzung, bei der die grundlegende DNA der Reihe nicht mutiert und sich nicht in etwas neues entwickelt, ähnlich wie das titelgebende Alien in jedem einzelnen Film, sondern dessen DNA sich fragmentiert aus allen Vorbildern zusammensetzt. Das sorgt zum einen dafür, dass Fede Alvarez seine inszenatorischen Stärken teilweise sehr gelungen ausspielen kann – es gibt mehrere Szenarien, die in ihrer Spannung an den nervenzerfetzenden Erfolg des Originals anknüpfen können – zum anderen aber ist es genau dadurch auch der erste Alienfilm, bei dem der Zuschauer genau weiß, was kommt.
Wir erleben natürlich in einem ungewöhnlich langen Build-Up, der sich viel Zeit lässt seine Figuren zu etablieren, die Angst der Charaktere und wie sie mit dieser neuen Situation umgehen müssen – nur ist diese Situation, zumindest zum größten Teil, für den Zuschauer selbst eben alles andere als Neu. Wir haben mit Ripley schon entdeckt, welchen Grauen die Face-Hugger über einen Menschen bringen können, wir haben mit ihr schon durchlebt welchen Schrecken ein (oder mehrere) Alien(s) verbreiten können. Und genau das ist das große Problem dieser Fortsetzung: sie fühlt sich viel zu sehr wie eine Fortsetzung an. Speziell im Horror-Genre ist es wichtig neue Ansätze zu finden, bei zweiter Betrachtung wirkt jedes Monster der Dunkelheit nur noch wie ein schlichter Schatten. Und genauso wird man die Tricks, die Jump-Scares und die Taktiken schon einmal so ähnlich gesehen haben. Wir als Zuschauer kennen dieses Szenario einfach zu gut, wissen zu genau, wie das Alien vorgeht und wo es sich versteckt – es ist im Grunde eben doch nur ein berechenbares Tier und so weicht die Angst vor dem Ungewissen der Realisation, dieses Szenario im Kern bereits zu kennen und zu verstehen.
Dafür ist der Look nahezu makellos, was vor allem positiv auffällt sind die handgemachten Effekte, die dem Alien die nötige Dreidimensionalität verleihen. Nur wenigste Szenen beinhalten ersichtliche Computereffekte und das ist mittlerweile im Blockbusterkino absolute Rarität geworden.
Auch Cailee Spaeny als Lead funktioniert relativ gut, „Alien: Romulus“ etabliert definitiv einige annehmbare Konflikte, die der Handlung das nötige Gravitas verleihen.
„Alien: Romulus“ ist ein guter Sci-Fi Horrorfilm, aber kein gutes Sequel. Ähnlich wie die Wissenschaftler der Raumstation scheitert er daran, die DNA des Aliens in etwas umzuwandeln, das diesem Setting wahrhaftig Leben einhauchen würde. Der Film würde tatsächlich ohne gänzliche Vorkentnisse der Alienreihe besser funktionieren, wodurch er fast mehr ein Remake als eine wahrhaftige Fortsetzung ist. Er versteht Spannung besser als es die meisten anderen Sequels verstanden, findet aber nur wenig Neues. Im Weltraum hört dich immer noch niemand schreien, vielleicht aber auch weil dir diese endlosen Weiten erschreckend vertraut vorkommen.
Punkte: 6/10