Challengers (2024) – das Spiel (mit) der Liebe
Tennis könnte mich nicht weniger interessieren. Es gab keinen Zeitpunkt in meinem Leben in dem ich mir dachte: hoffentlich kommt mal wieder ein Film über Tennis heraus. Deshalb war ich bei der Trailerkampagne zu Luca Guadagninos „Challengers“ noch skeptisch – das Konzept sprach mich einfach nicht an. Dass ich „Challengers“ letztendlich doch fantastisch finde kann nur an einem von zwei Dingen liegen: entweder er fängt eine Essenz des Sportes ein, die ich vorher noch nie zu Gesicht bekam oder der Film hat eigentlich nichts mit Tennis zutun.
So oder so ist Guadagninos Hauptfokus die Charakterdynamik, die das Spiel auf- und abseits des Platzes dominiert: Tashi, Ex Profi und gleichzeitig Frau sowie Trainer von Starspieler Art, der aber seine Spielmotivation verloren hat und Patrick, der früher mit Tashi zusammen war und nun im Finale eines kleinen Turniers gegen Art spielt. Das Preisgeld mag nur 7200 Dollar betragen, aber unter der Fassade geht es um so viel mehr.
Guadagnino inszeniert auf intelligente Weise dieses entscheidende Spiel, während er simultan die Vergangenheit der Figuren weiter und weiter entfaltet. Dabei stellt er jedes Gespräch und jede Geste als Teil eines übergreifenden Spiel des Lebens dar, das er mit dem Tennis gegenüberstellt. In seiner Welt sind Beziehungen ein Spiel und Tennis nicht mehr als eine Beziehung. Aber genau das ist der Grund, warum „Challengers“ der wohl spannendste Sportfilm (sofern man ihn als solchen bezeichnen mag) seit langem ist. Er vermischt den Sport, in dem ein kleiner Ball bloß hin- und hergespielt wird, mit viel tiefgreifenderen Konflikten, die in das Verlangen der Figuren blicken lassen, das letztendlich wieder den Sport selbst definiert.
Was Guadagnino inszenatorisch mal wieder aus dem Film herausholt zeigt seine besondere Klasse als Regisseur. Der ganze Film besitzt schon tolle Kameraaufnahmen, was er dann aber am Ende aus dieser herausholt hat mir förmlich den Atem verschlagen. Das Finale hat mich, bezogen auf den makellosen Schnitt und Spannung, an „The Good, the Bad and the Ugly“ erinnert und wenn es ein Film über Tennis (!) schafft, an das legendäre Stand-off dieses Meisterwerks heranzureichen, dann Chapeu. Auch Trent Reznors und Atticus Ross aufbrausender Soundtrack verstärkt die spielgleiche Atmosphäre, die jedes Tennispiel, sowie jedes Gespräch (welche immer ein eigenes Spiel für sich sind) ausmacht.
„Challengers“ ist so ein Film, den ich niemals so spanned vermutet hatte. Abgesehen von der Struktur, die teilweise zu forciert der Struktur des Spiels folgt, hat mich der Film absolut beeindruckt. Ob ich jetzt mehr über Tennis weiß ist eigentlich irrelevant. Ich weiß stattdessen mehr über die Charaktere und mehr über Guadagninos Qualität als Regisseur.
Punkte: 8/10