The New World (2005) – ich sah die Welt mit völlig anderen Augen
Die Schönheit des Lebens mit Worten zu beschreiben ist wie das Sonnenlicht greifbar zu machen – es ist ein Akt der Unmöglichkeit. Was man aber kann ist die Schönheit des Lebens mit den Augen zu bestaunen, etwas zu sehen, das über das Verstehen hinausgeht – und es gibt vermutlich keinen Film der die Majestätigkeit des Lebens so atemberaubend einfängt wie „The New World“, der wohl Terrence Malicks größte cinematische Errungenschaft darstellt und dessen Erfahrung man an nichts messen kann.
Im Setting einer englischen Kolonie in Amerika, deren Konflikt mit den Einheimischen und der Liebesbeziehung zwischen dem englischen Captain Smith und der Einheimischen Pocahontas entfesselt Malick seine poetische Kraft der Naturgewalten, die in diesem Film purer Magie gleicht. Einige Thematiken hat er schon in früheren Filmen behandelt – beispielsweise wie die menschliche Gewalt in ihrer Sinnlosigkeit die Ordnung der Natur durchbricht – durch seine visuelle Kraft ist sie hier aber in ihrer Ausdruckskraft am stärksten.
Es gibt vermutlich keinen Film, der in seiner Visualität umwerfender Gestaltet ist als „The New World“ und gerade deswegen ist er die wohl größte Ode an das Leben. Malick formt das plätschernde Wasser zu flüsternder Poesie und den Wind, der sanft durch die Grasfelder streift, zu einem Gedicht der Liebe. Es gab mehrere Momente, die ich in ihrer Schönheit nur durch Tränen verarbeiten konnte und durch die ich die Welt und das Leben von Grund auf neu entdeckt habe.
Smiths und Pocahontas Liebesgeschichte funktioniert in Harmonie mit diesen überwältigenden Bildern so großartig, weil sie ebenso ohne Kommunikation funktioniert. Worte geben einer Situation einen Rahmen und kategorisieren einen Moment in das ein, was man selbst ausdrücken kann. Die reinste Liebe und die reinste Erfahrung dieses Films geht aber dadurch, dass beide eben nicht dieselbe Sprache sprechen über dieses Gefängnis der Worte hinaus und erreicht mehr Momente, die der puren Erfahrung näher kommen als alles, was ich bisher gesehen habe.
Pocahontas entfernt sich durch die englische Gesellschaft immer mehr von dieser puren Schönheit, was einerseits zwar eine Kritik an der Gesellschaft, die diese Schönheit vernachlässigt, ist und wie sehr die Denkweise dieser Gesellschaft im Kontrast zu der der Einheimischen Amerikas steht, dennoch findet Malick immer wieder den Weg zurück – dass die Liebe selbst im Angesicht dieser deprimierenden Welt diese
Schönheit wieder auferleben lassen kann.
Der Extended Cut von „The New World“ dauert drei volle Stunden und doch hätte ich mich auf ewig in diesen Bildern verlieren können. Erst die moderne Welt hat den Dingen, hat dem Land, ein Ende gegeben, durch das Leben, das ich hier aber erfahren durfte habe ich, zumindest für einen kurzen Moment, die Unendlichkeit vernommen, die die Erde beinhalten kann. Ich glaube nicht jeder kann mit „The New World“ und generell Terrence Malick etwas anfangen, aber jeder Mensch auf Erden sollte dieses einzigartige Werk gesehen haben.
Punkte: 10/10