One from the Heart (1982) – absolut unterschätzt
Die Filme von Francis Ford Coppola sind legendär. Ob „The Godfather“, „Apocalypse Now“ oder „Bram Stokers Dracula“: Coppolas Charaktere werden stets mit der düsteren Realität (oder im Fall von „Dracula“ Surrealität) konfrontiert. Im langen Register von Klassikern, die Coppola in seiner Karriere fabrizierte, geht einer seiner allerbesten Filme aber völlig unter: „One from the Heart“. Der Film war seiner Zeit ein absoluter Flop, vielleicht weil er tonal so gar nicht in Coppolas sonst sehr blasse Welten passt. „One from the Heart“ ist nicht nur ein Liebesfilm, er ist zusätzlich ein Musical – und das ist vermutlich ein Angebot, das viele Fans von Coppolas vorigen Werken gut und gerne ablehnen können.
Man darf sich von der für Coppola ungewöhnlichen Geschichte eines Paares, das langsam auseinanderdriftet und jeweils einen neuen Partner unter der sonnengleichen Beleuchtung der Neonlicher Las Vegas findet, nicht täuschen lassen, denn inszenatorisch ist „One from the Heart“ mindestens genauso meisterhaft wie Coppolas gängige Werke. Visuell ist „One from the Heart“ wohl einer der beeindruckendsten Filme aller Zeiten – die Sets, das Farbspiel und die Beleuchtung bilden eine Harmonie, die alleine auf der Ebene des bloßen Sehens schon die meisten anderen Filme in Gänze übertrifft.
Coppola kehrt zu den expressionistischen Gedanken der amerikanischen Großmeister des Melodramas zurück, denn er nutzt diese umwerfende Visualität nicht nur als bloße Attraktion, sondern auch als emotionalen Ausdruck. Während die surreale Neonbeleuchtung von Las Vegas den verführerischen Ausweg aus der alltäglichen Beziehung beider Partner Frannie und Hank und ihr damit zusammenhängendes Treffen einer neuen „Liebe“ spiegelt, ist es die Beleuchtung der Innenräume, die sie mit ihren unsicheren Gefühlen zurücklässt. Sind die strahlenden Lichter der Großstadt mehr ein Ausdruck der Verdrängung, sind es die Schatten der dämmernden Lichter in den Zimmern, die die Unsicherheit von Frannie und Hank offenbaren. Hier sehen wir Ihre Emotionen, die sonst von der rauschartigen Extase Las Vegas überschattet oder vielmehr überleuchtet werden.
Aber wie könnte man auch nicht einer derartig wunderschönen Verführung unterliegen wie die malerisch ästhetischen Sets (und natürlich Nastassja Kinski), die Las Vegas in „One from the Heart abbilden? Die Stadt ist hier wie ein surrealer Traum, der die Wünsche beider Haultcharaktere in gewisser Weise erfüllt, beide erkennen aber letztendlich, dass diese Oberflächlichkeit nicht real ist und das lässt sie langsam wieder zu ihrer imperfekten Beziehung zurückzirkulieren – denn immerhin ist diese wahrhaftig. Es ist die depremierende Realisation, dass das farbenfrohe, perfekte Musical, in dem sich beide Charaktere für einen gewissen Zeitraum befinden, keinen wirklichen Gefühlen entspringt.
Nur weil man Coppola schätzt bedeutet das nicht, dass einem „One from the Heart“ unbedingt gefallen muss, vor allem für Liebhaber von Filmen wie „La La Land“ und generell überästethischem Set-Design, ist der Film aber das einzig Richtige.
Punkte: 9/10