Moneyball (2011) – Individualismus in einem kapitalistischen System
Geld regiert die Welt und nirgends zeigt sich die monetäre Dominanz in der modernen Gesellschaft so deutlich und klar wie im leistungsorientierten Mannschaftssport. Es ist eine Industrie, deren massive Ausgaben einen Endloszyklus mit dem Drang zu gewinnen bilden, der letztendlich wiederum für die nötigen Einnahmen sorgen soll. Real Madrid hat sicherlich nicht die Champions League 15 Mal gewonnen, weil ihr Teamgeist den der anderen Mannschaften bei weitem überschatten würde, sondern weil der Verein (mitunter) das meiste Geld zur Verfügung hat und somit die besten Spieler einkaufen kann. Natürlich hängt dies auch mit einer intelligenten Wirtschaft des eigenen Geldes zusammen, wie aber soll jemals ein Verein mit einem Bruchteil des Geldes in derselben Liga spielen können?
In gewisser Weise sieht sich Billy Beane, general Manager des Baseballclubs Atlantics, mit genau dieser Frage konfrontiert, nachdem sein Team abermals gegen die New York Yankees einstecken musste. Er schaffte es sie ins Endspiel zu bringen, das reicht ihm aber nicht – er will gewinnen. Nur wie, wenn diese übermächtigen Vereine so viel mehr Geld zur Verfügung haben? Die Antwort ist in ihrem Ansatz simpel, aber doch um einiges komplizierter als „Moneyball“, Bennett Millers Film, der die wahre Geschichte von Billy Beane in einem fiktionalen Gewand erzählt, es erscheinen lässt: man muss neue Wege gehen.
Für Billie bedeutet dies sich mit dem jungen Analysten Peter Brand zusammen zu tun und seine Spieler nicht aufgrund ihres Marktwerts und ihrem Stand innerhalb der Draft-Liga auszuwählen, sondern mithilfe von Statistiken und Mathematik, die ihm hilft, übersehene Spieler für wenig Geld einzukaufen.
„Moneyball“ hat so, anders als der Titel vermuten lässt, wenig mit Geld direkt zu tun und fokussiert sich stattdessen auf die Menschen, die in diesem System keinen Platz haben. Spieler, die zu alt sind, Spieler, die durch Verletzungen nicht mehr werfen können und ein Manager, dem das Gewinnen wichtiger ist als die Wirtschaft und der Geldhaushalt. Obwohl Billys System auf reiner Logik fußt, kann man argumentieren, dass ihm dennoch mehr Individualismus inne wohnt als dem Alt eingesessenen System, das versucht aus jedem Spieler einen makellosen Star zu machen. Geld hat nur in Verbindung mit der Vergangenheit einen Wert, nur bezogen auf das, von dem wir wissen, dass wir ihm einen gewissen Wert zusprechen können und genau deshalb sprengt Billys neuartiges Konzept den Rahmen, den man mit Geld eben (noch) nicht kaufen kann.
In gewisser Weise versucht „Moneyball“ so alles ein menschliches Drama innerhalb eines monetaristischen Systems zu sein, es gibt allerdings einige Schwachstellen, in denen der Film diesem Ansatz nicht vollends gerecht wird. „Moneyball“ versucht Menschen zu zeichnen, versucht Billys familiären Problemen genauso viel Gewicht zu verleihen wie seinem Drang zu gewinnen. Wenn ich Billy aber angucke sehe ich keine facettenreiche, naturalistische Figur ich sehe Brad Pitt. Ich sehe nicht Peter Brand, sondern ich sehe Jonah Hill. Ich sehe keinen von Verletzungen geplagten Sportler, ich sehe Chris Pratt. Ich sehe keinen alt eingesessenen Trainer (dem der Film übrigens zu wenig Fokus schenkt), ich sehe Philip Seymour Hoffman. Vor allem Brad Pitt spielt mehr sich selbst als irgendeinen Charakter, es ist aber ein tiefergreifendes Problem, das ich mit der Besetzung habe: für ein Drama, das für den menschlichen Individualismus plädoyiert, besetzt es dennoch die erfolgreichsten Schauspieler in ihren gewohntesten Rollen. Für eine Geschichte, die für neue, innovative Wege steht, ist „Moneyball“ grundsätzlich dieselbe simple Underdog-Story, die schon so oft mit denselben Gesichtern erzählt wurde.
Zudem fokussiert er sich für die thematische Menschlichkeit zu wenig auf die Aspekte, die dabei wirklich relevant wären. Billys Beziehung zu seiner Tochter darf erst in der letzten Szene wahrhaftig an Emotionalität gewinnen und gewisse Figuren bleiben in ihren einseitigen Rollen, ohne humanistische Facetten, gefangen (allen voran Peter Brand).
All das klingt aber negativer als es eigentlich ist. Sorkin liefert fantastische Dialoge und stellt einmal mehr sein Können als Autor unter Beweis. Das Pacing ist nahezu makellos. Jonah Hill liefert eine wirklich sehenswerte Performance ab. „Moneyball“ ist dadurch ein guter Sportfilm, alles was ich sagen will ist, dass er noch so viel besser hätte sein können, würde der Film seine Thematik in der Wahl der Schauspieler und der Inszenierung so ernst nehmen wie Sorkin in seinen Dialogen.
Punkte: 7/10